Editorial
Ärzt:innen unter Spannung
Der Praxisalltag fordert uns – aber genau das macht ihn so vielseitig und spannend. Ärzt:innen jonglieren täglich zwischen langfristiger Begleitung chronisch Kranker und der schnellen Reaktion auf akute Fälle. Gerade in der Grippesaison ist das besonders spürbar: Während wir Patient:innen mit chronischen Erkrankungen kontinuierlich betreuen, kommen zusätzlich viele akut Erkrankte in unsere Praxen.
Ein Beispiel für akutes Handeln ist die RSV-Impfung für Neugeborene. Kaum angekündigt, musste sie in den Praxen und Wochenbettstationen rasch umgesetzt werden. Die Akzeptanz war erfreulich hoch, und Lieferengpässe blieben – entgegen vieler Befürchtungen – die seltene Ausnahme. Ein gutes Zeichen für die künftige Immunisierung unserer Kleinsten. Nicht immer geht es aber um schnelle Entscheidungen. Einige Themen begleiten uns über Jahre. Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit schweren chronischen Erkrankungen zum Beispiel. Hier bietet das Allani Kinderhospiz im Kanton Bern eine wertvolle Unterstützung. Palliativversorgung ist weit mehr als die Begleitung am Lebensende – sie kann auch eine dringend benötigte Erholungsinsel für betroffene Familien sein.
Auch in der Politik gibt es Entwicklungen, die schnelles Handeln erfordern – und andere, die sich über Jahre ziehen. Akut hat uns in den letzten Monaten die Diskussion um die Notfall-Inkonvenienzen beschäftigt. Im Herbst stand für viele Praxen und Institutionen sehr viel auf dem Spiel, Unsicherheit machte sich breit, ja Existenzängste angesichts horrender Rückforderungen von Versicherungen. Und dann gibt es die Dauerbrenner: Die Selbstdispensation im Kanton Bern ist so ein Thema, das in regelmässigen Abständen aufkommt. Nach einem missglückten Vorstoss im Grossen Rat im vergangenen Jahr wurde in der Frühjahrssession erneut darüber debattiert – mit dem immerhin positivem Ausgang, dass Gespräche der Betroffenen am Runden Tisch des Regierungsrats aufgegleist sind.
All diese Themen streifen wir in diesem Magazin. Und neben der eher schweren Kost haben wir auch noch leichte und freudige: Es ist uns eine grosse Ehre, jährlich den VBHK-Award für die beste Nachwuchsarbeit in haus- und kinderärztlicher Forschung auszuzeichnen. Wer ihn dieses Jahr gewonnen hat, erfährt man in dieser Ausgabe.
Liebe Leser:innen, Haus- und Kinderärzt:innen leisten tagtäglich Grosses – für ihre Patient:innen, für ihre Teams und für die Gesundheitsversorgung im ganzen Kanton. Lassen Sie uns gemeinsam weiter daran arbeiten. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!