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Das Magazin der Berner Haus- und Kinderärzt:innen

Lesedauer ca. 3 Min.

Harm Reduction – auch in der Gesundheitspolitik!

Editorial

Harm Reduction – auch in der Gesundheitspolitik!

Wir kennen es aus der Suchtmedizin, wenn nicht mehr die absolute Abstinenz das oberste Ziel ist, sondern die Reduktion des Konsums im Sinne der Schadensbegrenzung: «Harm Reduction».

Gesundheitspolitik ist zwar kein Suchtmittel, aber auch hier geht es zunehmend um Schadensbegrenzung. Die Verordnung zur ärztlichen Zulassungssteuerung und der Abbau von bewährten ambulanten psychiatrischen Angeboten sind nur zwei Beispiele dafür. 

Eigentlich würden wir lieber lösungsorientiert an besseren Rahmenbedingungen und Anreizen arbeiten, an solchen, die uns im haus- und kinderärztlichen Alltag helfen und Nachwuchs bringen. Anlass dafür gäbe es genug: steigender Versorgungsdruck, Nachwuchsmangel und Pensionierungswelle der Babyboomer, you name it.

Leider muss ich das im Konjunktiv schreiben, denn momentan besteht auch unsere standespolitische Arbeit mehrheitlich darin, «Harm Reduction» zu betreiben. Sei dies im Kampf gegen zeitfressende Bürokratiemonster oder gesetzlich verordnetes Mikromanagement. Sie drohen unsere intrinsische Berufsmotivation zu ersticken und interessierten Nachwuchs abzuschrecken – und läuft damit allen anderen (auch politischen) Anstrengungen gegen den Mangel an Haus- und Kinderärzt:innen zuwider.

Was können wir zur Schadensbegrenzung tun? Wir führen Gespräche mit Politiker:innen und Entscheidungsträger:innen und vielen weiteren Akteuren der ambulanten und stationären Gesundheitsversorgung. Für jede Session senden wir den Berner Grossrät:innen unsere Haltung zu gesundheitspolitischen Geschäften.

Wir vernetzen uns mit anderen Grundversorger:innen und Berufsgruppen und suchen Allianzen – «gemeinsam sind wir stärker». Wir teilen auf medialen Kanälen mit, wo uns der Schuh drückt und kritisieren Entwicklungen, die wir für problematisch halten.

Wir tun dies nicht des Lamentierens willen, sondern um wachzurütteln, zu mahnen und im besten Fall Entscheidungsträger:innen zum Handeln zu bewegen.

Wie unser abtretende Co-Präsident Stefan Roth diese Arbeit erlebt hat und wie er sie auf nationaler Ebene weiterführen möchte, lesen Sie im Interview mit ihm. 

Mir bleibt an dieser Stelle, Stefan Roth im Namen des gesamten VBHK für sein jahrelanges Engagement für die Berner Haus- und Kinderärzt:innen zu danken! Wir wünschen ihm für sein weiteres standespolitisches Wirken alles Gute – und den nötigen positiven Kampfgeist. Diese Arbeit ist wichtig, auch wenn sie oft abseits der grossen Bühnen geschieht. Es macht sie niemand für uns und niemand glaubwürdiger als wir, die wir täglich in unseren Praxen erleben, wo der Schuh drückt. 

In diesem Sinne kämpfen wir weiter für «Harm Reduction» – aber hoffentlich auch wieder mehr für spürbare Verbesserungen statt gegen noch mehr Verschlechterungen!